Italienisches Kino aus Italien

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Munin
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Italienisches Kino aus Italien

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THE FACTS OF MURDER
(1959, Pietro Germi)
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Inspector Ciccio Ingravallo (Pietro Germi) is assigned to investigate a robbery, but soon circumstances lead to a much bigger case. The lovely Liliana Banducci (Eleonora Rossi Drago), who lives near the scene of the crime, turns up dead, leading Ingravallo to question her husband, Remo (Claudio Gora), and their servant, Assuntina (Claudia Cardinale), among others. The astute Italian inspector must discover both the motive behind the killing and the culprit.
Auf dem Papier eher gewöhnlicher Whodunit, in dem Regisseur Pietro Germi (später vor allem bekannt für preisgekrönte Komödien wie DIVORZIO ALL'ITALIANA / SCHEIDUNG AUF ITALIENISCH) als dauerpaffender Proto-Columbo selbst die Hauptrolle übernimmt und das größtenteils unaufgeregte Prozedere mit Einflüssen aus italienischem Neorealismus und amerikanischem Noir auflockert, zusätzlich gewürzt mit galligen Humoreinlagen.

Kommissar Ingravallos Ermittlung verläuft hauptsächlich so zäh und undramatisch wie im wirklichen Leben: Mit stoisch-müder Mimik stolpert jener - in Begleitung von Kollegen unterschiedlicher Kompetenzstufen, chronischer Zigarettenabhängigkeit und gelegentlichem Seufzen über die Seltsamkeiten des Polizeialltags - weniger genial als vielmehr beharrlich durch den Fall, der sich schließlich über Klassenkonflikte und persönliche Tragödien hinweg entflechtet. Dabei hinterlässt Germi im Minutentakt feinsinnig ironische Systemkritik: In den scharf beobachteten Nebenfiguren (besetzt u. a. mit einer jungen Claudia Cardinale) und deren Lebenswirklichkeiten im Rom der 1950er Jahre, in den winzigen, fast beiläufigen Momenten bürokratischer Absurdität, und - nicht zuletzt - in der Art, wie sich gesellschaftliche Machtverhältnisse in jede noch so routinehafte Vernehmung einschleichen.

Die Kamera von Leonida Barboni (älterer Bruder von Spencer/Hill-Enzo) fängt all das in perfektem Chiaoscuro ein, und die Restauration des Films von 2021 sieht schlicht atemberaubend aus.

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Munin
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Re: Italienisches Kino aus Italien

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HIGH CRIME / TOTE ZEUGEN SINGEN NICHT
(1973, Enzo Castellari)
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A reckless police commissioner jeopardizes a detective's strategy to expose the mastermind behind Italy's drug trade.
Keine Ahnung, wie der so von den deutschen Gurus gehandelt wird, hat mich jedenfalls nicht wahnsinnig abgeholt. Das Beste ist noch Nero, der - stets fabelhaft gekleidet - hier mit seinem mundschäumenden Kampf gegen die Windmühlen der Korruption und Bürokratie immerhin Profil zeigt, wenngleich er dabei auch zuweilen übertreibt; der Einstieg mit der Verfolgungsjagd ist wuchtig, wird dann aber auch nicht mehr übertroffen. Danach lässt sich der Plot schon relativ bald nicht mehr so recht durchblicken und die politische Anklage gibt es bei Kollegen wie Damiani mit mehr Präzision und Biss. Castellari zeigt zwar wie immer Lust auf diverse technische Spielereien und rabiate Grätschen, die einen in Begleitung des stimmigen De-Angelis-Scores aus dem Dämmerschlaf holen, die großen Momente bleiben letztlich jedoch aus. Denkwürdig ist vielleicht noch der höchst ökonomische Kniff im alternativen Ende, ansonsten ist das solider Durchschnitt und nicht viel mehr.

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